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Publikationsdatum
5. Juni 2006
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Ende August 2005. IFA Berlin. Sony BMG präsentiert auf der Funkausstellung ein neues Medium.

Für nur circa fünf Franken Aufpreis erhält man bei einigen seiner Lieblingsinterpreten eine CD, welche auf der ersten Seite die normale Audio-Schicht enthält, auf der zweiten Seite eine DVD, die mit Videos, Konzertausschnitten, Interviews oder auch Werbung bespielt ist.

Wieder einmal versucht die Musikindustrie mit einer neuen Strategie gegen die vielen Raubkopierer und Filesharer anzukämpfen.

Mit einem Format, welches die herkömmliche CD und eine DVD auf einem Medium vereint, sollen die Konsumentinnen und Konsumenten wieder mehr zum Kauf angeregt werden.

Diese neue Form von digitalem Medium bringt aber auch einige Tücken mit sich.

Ersatz für DVD-Audio und SACD?

Der Sound auf der DVD-Schicht kann auch in Mehrkanalformat aufgenommen werden, so dass die Dual Disc auch eine Konkurrenz für die schon fast Tod geschriebenen Medien wie SACD oder DVD-Audio darstellt.

In den USA laufen die Verkäufe von Dual Dics schon seit Anfangs 2005 und dies mit beträchtlichem Erfolg. In den ersten drei Verkaufsmonaten realisierte Sony bereits Verkaufszahlen von gegen eine halbe Million Stück von ihren Hybrid CD’s.

Bruce „the Boss“ Springsteen brachte zum Beispiel als erster Interpret seine neues Album „Devils & Dust“ nur noch auf Dual Disc auf den Markt, sodass der Fan gezwungen ist, diese oder eine Audio-DVD zu erwerben. (siehe auch die Rezension
Springsteen on DualDisc only in avguide.ch)

Von Springsteen gibt es auch als erstem Interpreten ein zweites Dual Disc-Album: „We Shall Overcome: The Seeger Sessions“ erschien hierzulande am 21. April.

Im Moment sind es circa 150 Interpreten, die mit Sony BMG eine Dual Disc auf den Markt gebracht haben, und diese wird Zahl laufend grösser.

Einige Discs hat avguide.ch besprochen:

Springsteen: Devils & Dust Shakira „Fijacion Ora” Judas Priest: "Angel of Retribution" Die Happy: "Bitter To Better" AC/DC Back in Black

Ob sich die Doppeldisc durchsetzen wird, kann laut Sony nicht abgeschätzt werden. In der Schweiz läuft der Verkauf von Dual Discs aber eher etwas schleppend, so die Informationen von diversen grossen Schweizer Musikhändlern.

„Die Kunden steuern heute immer noch die normalen CD’s an und verzichten auf die DVD-Schicht, auch wenn die Dual Disc mit der DVD nur wenig teurer ist.“ meint beispielsweise das Musikhaus Jecklin in Zürich.

Kompatibilität nicht gewährleistet

Ein grosses Problem dieses neuen Mediums besteht in der Kompatibilität. So kann es beim Auslesen der CD-Schicht zu erheblichen Schwierigkeiten kommen, da sie nicht den Spezifikationen des Redbook-Standards entspricht.

So hat die Dual Disc zwar den offiziellen Segen des DVD-Forums für die DVD-Schicht, nicht jedoch den der Lizenzwächter von Philips, die über die Audio-CD-Spezifikation wachen.

Dies zeigt sich konkret darin, dass die Dual Discs auf einigen getesteten CD-Playern (darunter auch eine Vielzahl von Sony[!]) vor allem aus den Referenz- und Highendklassen nicht abzuspielen sind.

Dieser Schwachpunkt erklärt sich in den neuen physikalischen Spezifikationen, die eine solche Dual Disc aufweist.

Im Gegensatz zu einer herkömmlichen CD oder DVD mit einer Dicke von 1,2 mm ist die Dual Disc nämlich 1,5 mm dick.

Diese Dicke ist aber rein rechnerisch sogar noch zu wenig, denn bei einer CD ist die Datenschicht 1,1mm von der Unterseite entfernt und wird von einem 0,1mm dicken Lack geschützt. Bei der DVD ist diese Datenschicht in der Mitte und wird also von einer 0,6 mm dicken Polycarbonatscheibe bedeckt.

Die Dual Disc müsste also, um beide Formate optimal zusammenzuführen, 1,7 mm dick sein. Da dies aber nicht möglich war, hat man sich auf eine mittlere Dicke von 1,5 mm geeinigt.

Um dies zu realisieren, musste die CD-Deckschicht auf 0,9 mm verkürzt werden. Dies wiederum hat aber zur Folge, dass die Pitlänge und die Datenspurbreite vergrössert werden mussten und so nur noch 65 Minuten Musik auf die CD-Seite passen.

Mit einem Format, welches noch mit Kinderkrankheiten zu kämpfen hat, begibt sich also Sony in eine nächste Schlacht. Wie sie schliesslich ausgehen wird und ob die Dual Disc eine wirkliche Konkurrenz zur CD werden kann, steht noch in den Sternen.

Fabian Heer